Drucktechniken

Zusätzlich zu meiner Arbeit als Fotograf und Videofilmer beschäftige ich mich seit 2010 mit analoger Fotografie und analoger Filmentwicklung in einem eigenen Fotolabor. Insbesondere habe ich mich mit einer Fototechnik von 1851 auseinandergesetzt – dem Kollodium-Nassplattenverfahren.
Hierbei wird auf einer mit Kollodium (in Äther und Alkohol gelöste Baumwolle) beschichteten Glas- oder Aluminiumplatte fotografiert. Zum Einsatz kommen ca. 100 Jahre alte Kameras.
2016 eröffnete ich in Quedlinburg eine offene Werkstatt, in der ich dieses Verfahren praktiziere (www.silber-photographie.de).
Ich zeige, u.a. im Rahmen der „Schleichwege zur Kunst“, organisiert vom Kulturstammtische Quedlinburg, in Schauvorführungen dieses alte Photographieverfahren.
Neben meiner künstlerischen Tätigkeit arbeite ich auch pädagogisch. Ich gebe mein Wissen im Rahmen von Workshops an Bildungseinrichtungen weiter und arbeite als Workshopleiter mit jungen Menschen in Sommercamps (Foto – und Videoworkshops). Hierbei ist mir eine umfangreiche Dokumentation wichtig und selbstverständlich.


Die Daguerreotypien und die Kollodiumphotographien sind mit ca. 300 Linien pro Millimeter Detailauflösung in der originalen Bildvorlage bis heute ungeschlagen. Schon allein deshalb ist es für mich als Fotograf interessant, mich mit den Anfängen der Photographie und deren Vervielfältigung auseinanderzusetzen.

Bis ca. 1841 war es mit der Daguerreotypie möglich, „Unikate“ in der Photographie zu schaffen. Vervielfältigungen bzw. Reproduktionen der Photos waren jedoch noch nicht möglich. Der 1834 von William Henry Fox Talbot erfundene Salzdruck machte es dann möglich, theoretisch unendlich viele Abzüge zu schaffen. Durch das Belichten durch Papier hindurch entstand jedoch bei diesem Verfahren ein großer Qualitätsverlust.

Mit dem 1850/1851 von Frederick Scott Archer und Gustave Le Gray erfundenen Kollodium-Nassplattenverfahren konnte man dann „Direktpositive“ herstellen, aber auch Negative auf Glasplatte. Diese dienten wiederum als Grundlage für Photoabzüge bzw. Drucktechniken auf verschiedenen Materialien.

Es wurden seit 1840 verschiedene Drucktechniken erfunden: Salzdruck, Albumindruck, Cyanotypie, Bromöldruck, Platindruck, Gummidruck…

Begonnen habe ich in meiner Fotowerkstatt in Quedlinburg.
Um ein Ausgangsbild für die oben erwähnten Drucktechniken zu haben, setzte ich mich zuerst mit dem Kollodium-Negativprozess auseinander. Dieses Verfahren wird nur noch sehr selten praktiziert.
Nach Kauf und intensivem Studium alter und neuer Literatur und eingehender Internetrecherche, besorgte ich mir geeignete Chemikalien, mischte verschiedene Rezepturen für das „Negativkollodium“ und den Negativentwickler zusammen, probierte verschiedene Belichtungen und Intensivierungsschritte aus und erhielt dann tatsächlich eine belichtete Glasplatte mit einem Negativbild, welches mir daraufhin als Grundlage für die Drucktechniken diente.

Als nächstes studierte ich den Albumindruck. Hierbei wird auf Aquarellpapier eine aus Eiweiß und Ammoniumchlorid hergestellte Schicht aufgetragen. Nach dem Trocknen wird diese Schicht mit Silbernitrat lichtempfindlich gemacht. Dies muss in einer Dunkelkammer erfolgen. Jetzt wird das Kollodium-Negativbild mit dem beschichteten Albuminpapier in einen Kontaktkopierrahmen übereinandergelegt und ca. 10- 20 Minuten belichtet. Die Belichtung kann in direktem Sonnenlicht stattfinden. Ich habe mir aber zu diesem Zweck einen alten Kopierbelichter aus einer Druckerei besorgt und diesen mit UV-Lampen bestückt. Es war somit möglich, unabhängig vom Sonnenlicht diesen Prozess auszuprobieren. Um viele verschiedene Motive zu haben, fertigte ich außerdem Negative auf einem Drucker an. Damit war es möglich, Albumindrucke in den Formaten A4 und A3 herzustellen.

Ursprünglich wollte ich mich weiterhin mit dem Platindruck auseinandersetzen. Platin ist aber leider extrem teuer, die Beschaffung der notwendigen Chemikalien übersteigt momentan meine finanziellen Möglichkeiten. Ich entschied mich deshalb, ein anderes Druckverfahren zu studieren, den Blaudruck (Cyanotypie).
Bei diesem Verfahren wird ebenfalls ein Negativ gebraucht. Es standen mir ja einige von den vorigen Prozessen zur Verfügung. Bei diesem Druckverfahren arbeitet man mit Ammoniumeisen (III)-citrat und Kaliumhexacyanoferrat (III). Das Aquarellpapier wird mit den kurz vorher vermischten Chemikalien beschichtet und getrocknet. Die Belichtung erfolgt ebenfalls bei Sonnenlicht oder mit den aus dem vorigen Prozess benutzen UV-Lampen. Die Cyanotypiedrucke haben eine charakteristische blaue Farbe.

Zum Schluss hielt ich aber wundervolle Albumin – und Blaudrucke in den Händen.

Die Schwierigkeit dieser Verfahren besteht darin, die geeigneten Chemikalien zu besorgen, sie im richtigen Verhältnis zu mischen, mit den geeigneten Zeiten zu belichten und dann auch richtig zu entwickeln. Bei so vielen Faktoren, welche für die Bildentstehung wichtig sind, ist ein systematisches Arbeiten und Ausprobieren unabdingbar, um die Fehler dann auch exakt eingrenzen zu können. Diese Test- und Arbeitsphase war sehr zeitintensiv, denn teilweise musste ich meine Überlegungen revidieren und von vorn anfangen. Des Weiteren traten auch Fehler auf, die in keiner Literatur erwähnt wurden und nur durch eigenes Probieren behoben werden konnten.

Es gelang mir also, den kompletten Prozess von damals nachzuempfinden, angefangen von der Fotografie mit einer alten Plattenkamera, über die Erstellung eines Glasnegatives bis hin zum Druck des Bildes.

Es wird, wenn Corona es zulässt, dieses Jahr eine Ausstellung mit den entstandenen Arbeiten im Schlossmuseum Ballenstedt geben. Dabei werde ich auch den Photographieprozess mit einer alten Plattenkamera vorführen.

Zurzeit sammle ich Fotomaterial für ein Buch. In diesem Buch werden die mit dieser Fototechnik entstandenen Aufnahmen und Drucke gezeigt. Außerdem soll auch der Prozess der Herstellung der Positive, der Negative sowie der Drucke beschrieben werden.